Baujahr: 2014-18
Projekt: Neubau Altersheim, zwei Wohnbauten und ein Dorfplatz, Zentrumsüberbauung Chileweg Rain
Adressen: Chileweg Rain
Bauherrschaft: Einwohnergemeinde Rain
Architektur: Cometti Truffer Hodel Architekten AG, ETH FH SIA BSA Luzern
Farbkonzeption und Materialität: Angelika Walthert Bildende Künstlerin, Farbdesignerin Luzern
Fotografie: Bruno Meier Sursee
Auszeichnung: Winner Designpreis Schweiz 2019/20, Design Leadership Prize: Focus Ageing Society
Jurybericht Design Preis Schweiz
Das neue Zentrum Chileweg in Rain überzeugt, beeindruckt und erfreut gleich auf mehreren Ebenen. Zunächst ist der Mut der Gemeinde zu loben, die in erhebliche finanzielle Vorleistung ging, um ein soziales, dem Gemeinwohl dienendes Projekt zu realisieren. Glücklich ist auch die Grundstückswahl: Statt eine Pflegeeinrichtung, wie so häufig geschehen, diskret am Ortsrand zu platzieren, holt man sie mitten ins Dorf und setzt damit ein Zeichen: Wir wollen unsere pflegebedürftigen Bürger/innen nicht abschieben, sondern in den Dorfalltag integrieren. Die hohe gestalterische Qualität des Zentrums Chileweg auf städtebaulicher, architektonischer und innenarchitektonischer Ebene sowie die erschwingliche Preisgestaltung unterstützen nach Kräften die dem Gedanken der Inklusion verpflichtete Grundkonzeption des Projektes. Die neue Platzanlage löst ein städtebauliches Problem, an dem viele Vorortgemeinden kranken: es fehlt ein Treffpunkt mit Aufenthaltsqualität. In Rain gibt es jetzt einen solchen Ort, der mit einfachen Mitteln geschaffen wurde: mit ein paar Bäumen, Sitzbänken und einem Brunnen. So einfach kann das gehen.
Gestaltungskonzeption Aussen
Die Farbkonzeption der Bauten unterstützt die städtebauliche, räumliche Komposition von Kirche, Haus der Begegnung (Pflegezentrum), Dorfplatz und Profanbauten. So ist die Barockkirche, welche von nationaler Bedeutung ist, die dominierende Grösse in Volumen und Farbe und bildet den farbgebenden und materialisierenden Auftakt der Neubauten.
Das Haus der Begegnung orientiert sich an der weissen Kirche und übersetzt durch die Anwendung von Kalkbeton die Materialität der kalkverputzen Kirche in zeitgenössische Moderne. Es ist Angelpunkt des neuen Ensembles und betont durch eine wertige Materialisierung und Fassadenplastizität seinen städtebaulichen Stellenwert. Die regelmässige Gliederung des Fassadenbildes durch klare Öffnungen und schachbrettartig angelegte Betonfelder mit glatter und gestockter Oberflächenstruktur rhythmisieren den Baukörper durch die reine Licht-| und Schattenwirkung. Die Strenge der Fassade wird gebrochen und haptisch einladend.
Weiterführend werden im Uhrzeigersinn hingehend die zwei Profanbauten dunkler abgestuft. Durch verwandte Tonalität, unterschiedlichem Hellbezugswert und Materialwahl, differenzieren und verbinden sich die Häuser untereinander. Eine natürliche Hierarchie entsteht und der räumliche Eindruck des Ensembles wird verstärkt. Strassenseitig fügen sich die Bauten farblich in das bestehende Ortsbild ein.
Der neu angelegte Dorfplatz -in seiner Funktion als öffentlicher Treffpunkt- ist das erweiterte verbindende Element der Anlage, in emotionaler als auch gestalterischer Hinsicht. Ein Baum und ein Brunnen akzentuieren die städtebauliche Stellung dieses Freiraumes.
Gestaltung HDB Innen, Alterswohnungen; Öffentliche und private Räume
Das Atrium ist Begegnungs- und Bewegungszone im Zentrum des Hauses, vertikale und horizontale Beziehungen und Durchblicke werden ermöglicht. Das Geschehen im Eingangsgeschoss –das Kommen und Gehen in die Bäckerei, ins Bistro, zum Mittagstisch od. Anlässe im Mehrzweckraum– können die Bewohner verfolgen. Die Beziehung zum Alltagsleben der Dorfbewohner wird ermöglicht.
Die Kernesche prägt den ovalen Innenhof und generiert für die Bewohner eine wohnliche Atmosphäre. Die Landbevölkerung ist stark mit dem Material Holz verbunden. Der Wechsel von dunkler und heller Holzfläche (Kernholz) suggeriert ein Stück weit Baumstämme und den Wald. Dies kann sich positiv und beruhigend auf die Psyche auswirken.
Aus dem grossen Okuli fällt viel natürliches Licht in das Atrium mit den inneren Veranden. Dies stimuliert die Bewohner und der Wechsel von Licht und Schatten (Witterung) erzeugt reizvolle Kontraste & Stimmungen und wird zum “Naturerlebnis“ für die Bewohner.
Der warmen Raumstimmung der Kernesche wird bewusst eine kühler Kontrast durch die Betonflächen entgegengesetzt. Durch das gezielt gewählte Kontrastverhätlnis wird ein ausgewogenes Raumklima erreicht.
Eine Stigmatisierung zwischen den öffentlichen Räumen und den Pflegeräumen soll vermieden werden. Allen Einheiten des Hauses liegt ein durchgehendes Gestaltungs- und Materialisierungsprinzip zugrunde. Das Haus der Begegnung, die Alterswohnbauten und der Platz sind aus der gleichen gestalterischen Basis entwickelt worden.